02.09.2024

Baustelle Theaterneubau: Gruben, Grapen und Geheimnisse

Spuren der Vergangenheit unter einer Schlammschicht.
Ausgrabung am Bussebart (Lange Straße).
Schwierige Bedingungen in Hanglage.
Keller an der ehemaligen Himmelfahrtsstraße.
Vorrichtung zur Verlängerung von Eichenbalken mittels Holzzapfen.
Nut im Eichenbalken als Hinweis auf eine frühere andere Verwendung.
Sehr gut erhaltener Grapen, es fehlen ein Fuß und der Tüllengriff.
Seit Juli wird das Baufeld für das neue Volkstheater archäologisch untersucht. Das Quartier war jahrhundertelang besiedelt und wurde bei Bombenangriffen im 2. Weltkrieg größtenteils zerstört.
Rätsel geben aktuell die Spuren von tiefen Gruben im oberen Bereich an der Langen Straße auf. Dienten sie vielleicht der Lehmgewinnung für Bauarbeiten in in der Stadt? „Die Frage nach der Funktion dieser Eingrabungen in den anstehenden Geschiebelehm lässt sich schwer beantworten“, sagt Grabungsleiterin Janin Zorn von der Firma AIM-V. „Lehm ist hier oberflächennah überall vorhanden und hätte der Einfachheit halber flächiger abgebaut werden können als in tiefen, recht steilwandigen, teils schachtartigen Gruben. Um rückgebaute Latrinenschächte dürfte es sich dabei wohl eher nicht handeln, da keine Spuren von abgereicherter Fäkalie vorhanden waren.“ Weitere Untersuchungen sollen Licht ins Dunkel bringen.
In der Verfüllung der Gruben haben die Archäologen Ziegelbruch und Mörtelreste gefunden, auch Scherbenreste. Sie stammen aus dem Mittelalter, vermutlich aus der Zeit Ende des 13. Jahrhunderts.
In direkter Nachbarschaft freigelegt: ein Holzschacht, ebenfalls in der oberen Hanglage. „Ein Kastenbrunnen aus Eichenholz“, schätzt Janin Zorn ein. Er ist eher neuzeitlichen Ursprungs und könnte aus dem 16. bis 18. Jahrhundert stammen. Die wenigen keramischen Funde aus der Verfüllung des Brunnens reichen nicht für eine genauere Datierung. „Exakte Ergebnisse erhalten wir erst durch eine dendrochronologische Untersuchung“, erklärt die Grabungsleiterin. Damit bestimmen die Wissenschaftler ziemlich genau den Zeitpunkt, wann das Holz geschlagen wurde.
Bei der Untersuchung des Schachts konnte ein sehr gut erhaltenes Gefäß geborgen werden: ein sogenannter Grapen. Er besteht aus innenglasierter, weißgelbliche Irdenware mit drei Füßchen und konnte in das offene Feuer gestellt werden. „Das Fundstück dürfte aus der Aufgabephase des Schachts stammen, nachdem der Brunnen nicht mehr zur Wasserversorgung genutzt und mit Bauschutt verfüllt wurde“, schätzt Janin Zorn ein.
Interessant ist die Konstruktion des Schachts. Die Schachtwände bestehen aus Bohlen, die von vier innenliegenden Eckpfosten gehalten werden. Die Pfosten sind durch Balken gegeneinander ausgesteift und könnten weit mehr als zehn Meter in die Tiefe reichen. Sie bestehen aus mehreren kürzeren Elementen, die mittels Holzzapfen miteinander verbunden und auf diese Weise immer weiter verlängert wurden. Die Form der Aussteifung weist auf die Nutzung als Brunnen hin: Die Hölzer wurden so bearbeitet, dass ein emporgezogener Eimer nirgendwo an einer der Wände steckenbleiben konnte.
Die Ausgrabung wird voraussichtlich bis Jahresende fortgeführt. Anschließend beginnt die Baustelleneinrichtung.

Volkstheater Rostock, Am Bussebart, 18055 Rostock

Projekt „Neubau“

Die Hanse- und Universitätsstadt Rostock plant einen Neubau des Volkstheaters Rostock auf dem Areal am Bussebart. Es soll ein Vier-Sparten-Haus entstehen, das sich zu allen Seiten und für alle Menschen öffnet. Der aktuelle Standort in der Doberaner Straße hat sich als nicht sanierungsfähig herausgestellt.

Bauzeit: 2019 bis vsl. 2028
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