06.11.2024

Rathauserweiterung: Fortschritte beim Verbau und Funde aus dem Mittelalter

Verbauarbeiten auf der Rückseite des Rostocker Rathauses.
Bohrpfahlverbau (r.) und Trägerbohlverbau (l.) zur Sicherung der Baugrube.
Vorbereitung für die Installation von Kopfbalken auf dem Bohrpfahlverbau.
Pilgerzeichen aus Aachen, um 1300. Foto: AIM-V, Jörg Ansorge
Pilgerzeichen aus Maastricht. Foto: AIM-V, Jörg Ansorge
Der Rostocker Rathaus-Komplex wird durch den Eigenbetrieb KOE voraussichtlich bis 2027 um die Häuser C und D erweitert. Im November 2024 laufen Erdarbeiten für die Baugrube, parallel untersuchen Archäologen das Baufeld auf Spuren der Vergangenheit.
Der Betonpfahlverbau ist vollständig abgeschlossen. Dieses Verfahren ist für die Ausführung sehr tiefer, innerstädtischer Baugruben geeignet und dient ihrer Sicherheit und Tragfähigkeit. An der Südseite (Kleine Wasserstraße) und im weiteren Bauablauf kommt mit dem Trägerbohlverbau ein weiteres Verbausystem aus Stahlträgern und Holzbohlen zum Einsatz. An der Kleinen Wasserstraße sind bereits alle Stahlträger gesetzt, teilweise wurden auch schon die Bohlen zwischen den Trägern eingefügt.
Ein zentraler Arbeitsschritt der Erdarbeiten ist die Entfernung der Aufschüttungen aus recyceltem Betonmaterial. Sie dienten als Stützfläche für große Bohrgeräte. Da der Außenring des Verbaus fertiggestellt ist, konnten die großen Bohrgeräte schon abtransportiert werden.
Zeitgleich wird die archäologische Untersuchung des Baufeldes fortgeführt. Ein Team der Firma Archäologie in Mecklenburg-Vorpommern (AIM-V) unter der Leitung von Renate Samariter ist im Bereich an der Kleinen Wasserstraße tätig und konnte einige nennenswerte Funde vermelden.
Dazu zählt eine komplett erhaltene „Lübecker Kanne“ – ein Stück Trinkgeschirr, das später wohl als Nachtgeschirr verwendet wurde. Gefunden wurde das Gefäß aus grauer Irdenware in einer Latrine. Der Holzschacht stammt aus der Mitte des 13. Jahrhunderts. Renate Samariter legt mit einem Augenzwinkern Wert darauf, dass man mittlerweile auch von einer „Lübeck-Rostocker Kanne“ sprechen könnte, da dieses Geschirr hier so häufig entdeckt wird.
Bedeutsam ist der Fund eines Pilgerzeichens aus Aachen. Es besteht aus einer Blei-Zinn-Legierung und stammt aus der Zeit um 1300, möglicherweise auch 1280 bis 1290. Aachen war im Mittelalter der bedeutendste Wallfahrtsort für die Marienverehrung. Obwohl solche Pilgerzeichen im heutigen Mecklenburg-Vorpommern häufiger vorkommen, ist der Fund auf der Rostocker Baustelle eine Seltenheit, so die Grabungsleiterin. Ein weiteres Pilgerzeichen stammt aus Maastricht in den Niederlanden. Möglicherweise gelangte es durch eine Geschäftsreise in die Stadt.
Neben den Funden aus dem Mittelalter entdeckten die Archäologen einen Feldsteinbrunnen. Seine genaue Entstehungszeit ist noch unklar. Fest steht, dass er um 1780 aufgegeben und verfüllt wurde. Darauf weisen Funde von Tellern, Schüsseln und Pfeifen aus dieser Zeit hin. Im Inneren fand sich zudem ein Steigrohr aus Holz mit Eisenmuffen.
Im nächsten Schritt untersucht das Grabungsteam ein kleineres Areal in der Mitte des Baufeldes und abschließend den Keller eines historischen Giebelhauses am Neuen Markt.

Rathauskomplex, Neuer Markt 1, 18055 Rostock

Projekt „Rathauserweiterung“

Mit der Erweiterung des Rostocker Rathaus­komplexes um zwei Neu­bauten wird der Verwaltungs­standort am Neuen Markt gestärkt. Flexible Raum­konzepte schaffen moderne Arbeits­bedingungen, die zentrale Struktur erleichtert Behörden­gänge.

Bauzeit: 2023 bis vsl. 2027
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